Kapitel 2 Ihr
Lieben alle, die Ihr mich kennt, In den vergangenen Wochen war ich eifrig dabei, mich zu einer Persönlichkeit zu entwickeln. Mami meint, ich bin eine tolle Type und Papi mag mich auch sehr gern. Seit ich hier in Bramstedt angekommen bin, bin ich schon doppelt so groß geworden, aber gar nicht mal so viel schwerer. Mit meinen langen Beinen sehe ich wie eine Barbiepuppe aus (natürlich habe ich viel mehr Charakter als diese Plastikpuppen!). Meine Haare wachsen blond nach, und ich fürchte, dass sie bald auch Blondinenwitze über mich machen werden. Im Moment sagt jeder, dass ich mit den dunklen Haarspitzen komisch aussehe. Beim Fressen verstreue ich immer noch einige Trocken-futterkugeln auf den Fliesen, aber man braucht mich jetzt nicht mehr mit der Hand zu füttern. In der Tat habe ich auch einen guten Appetit entwickelt und die Hundekekse schätzen gelernt, so dass man mich jetzt auch für gutes Benehmen belohnen kann. Unter uns: es ist besser, nicht zu schnell zu lernen, sonst gibt's bald keine Belohnungen mehr! Es hat sich jedoch gelohnt, aus dem Windelalter herauszukommen und stubenrein zu werden. Jeder ist darüber erleichtert und sie mögen mich noch mehr leiden. In den Tierhandlungen der Umgegend kennen sie mich jetzt auch schon alle. Das ist ein großer Vorteil, weil es überall kleine Geschenke gibt. Meine Transportkiste ist meine Burg, in die ich mich zurückziehe, wenn ich meine Ruhe haben oder schlafen will. Allerdings brauchte ich inzwischen eine geräumigere, weil ich Morag, meine Vorgängerin, an Größe übertroffen habe. Die neue ist doppelt so groß und hat Räder, einen Griff zum Ziehen und ein Fach für Futtervorräte. Als Nächstes brauche ich ein größeres Körbchen für den Tag. Ich habe auch schon mein zweites Halsband und bin vom Babyfutter zu Juniorfutter aufgestiegen. Der Mann im Laden sagt, das schmecke auch besser. Wieso versteht der etwas davon???? Wenn wir gerade über Geschmack reden: Die Stöcke in dieser Gegend munden mir auch hervorragend, das müssen die besten auf der Welt sein. Meine zweitliebste Beschäftigung auf Spaziergängen ist, einen herumzutragen. Manchmal bevorzuge ich einen harten dicken Stock, dann aber auch wieder mal einen langen dünnen, manchmal eineinhalb Meter lang. Die langen bleiben allerdings leicht zwischen den Bäumen hängen. Wo wir gerade über Bäume reden: Ich liebe den Wald in Bramstedt. Meine Lieblingsbeschäftigung ist, die Böschungen rauf- und runterzurennen. Man findet ja nicht all zu viele davon in dieser flachen Gegend, aber wenn ich schon eine gefunden habe, dann nutze ich das auch aus. Dann kann ich wenigstens sicher sein, dass Mami mich in Ruhe lässt und mich nicht zum Üben herzitiert: "Komm her!" "Bei Fuß!" oder "Sitz!". Ich habe sie überzeugt, dass die Sache mit dem Bei-Fuß-Gehen sowieso nicht klappt, deshalb haben wir uns darauf geeinigt, dass ich an die linke Seite komme und still stehe oder sitze. Wahrscheinlich muss ich als Nächstes das Salutieren lernen. Morgens, wenn sie in die Schule gehen, bleibe ich allein und beschwere mich nicht drüber. Aber wenn sie mittags nach Hause kommen, dann springe ich an ihnen hoch und mache allerlei Unsinn, damit sie sich wichtig fühlen können. Ich hab mal irgendwo gelesen, dass sich die Besitzer von Hunden geehrt fühlen, wenn sie glauben, dass sie geliebt werden. Wird nicht mehr lange dauern, bis ich den Wheatenkuss drauf habe (Hol Dir einen ab, wenn Du's wagst). Jetzt wird's
wieder Zeit, ins Bett zu gehen. |