Chapter 9
(August 2015):

On the Catwalk


Waaaaas? Ein Bad? Ich bin nicht schmutzig. Ah! - Verflixt. Bürsten, Bürsten, Kämmen, Kämmen. Na, wenigstens werde ich anschließend gefragt, ob ich Auto fahren möchte. Aha! Wir fahren auch los und kommen bei dem Haus von Ex-Mami und Ex-Daddy an.

Ich wollte auch gleich mit meiner Hundemutter Holly spielen, während meine Napffüller-Mom mit Baby Mokka rumknuddelte und die Menschen Kaffee tranken.

Dann musste ich auf ihren Trimmtisch. Ich war doch zuhause gerade auf meinem eigenen! Zweieinhalb Stunden lang schnibbelten ex-Mami und ex-Daddy an mir herum. Dann gingen wir auf die Straße und ich musste zusammen mit Mami meine beste Gangart zeigen und mich mit Mami und ex-Daddy Joachim aufstellen. Schau dir den Unterschied auf dem Foto an. Er ist der Profi.

Als wir wieder zuhause waren, musste Mami immer wieder mit mir für die große Show üben. Dienstag dann sprangen wir alle ins Auto und fuhren zum Flughafen nach Bremen. Ach, schon wieder so ein glatter Boden, aber immerhin, als ich mich daran erinnerte, dass ich nicht an der Leine ziehen soll, da ging es besser. Mami und Daddy tranken in der Ankunftshalle gegenüber von der großen Tür Kaffee. Die Kellnerin gab mir einen Sandwichrest vom nächsten Tisch. Na, das war mal eine gute Idee!

Als ich den Rest aufgefressen hatte, haben wir uns an der großen Tür bereit gestellt und nach Tante Sarabeth Ausschau gehalten. Sie kam für 3 Wochen aus Minnesota, um mich kennenzulernen, mich zu den beiden bevorstehenden Shows zu begleiten, meine zerrissenen Stofftiere zu reparieren, mit mir zu knudeln und spazieren zu gehen und Fotos und Videos bei meinem Hundetraining zu machen. Als sie herauskam, gab ich ihr einen stürmischen Wheatenempfang. Sie brachte mir als Gastgeschenke coole Snacks mit, zum Beispiel Oinks.

Gleich am nächsten Tag nahmen wir Tante Sarabeth mit zum Einkaufen. Ich zeigte ihr die Bank, den Handarbeitsladen, das Juweliergeschäft von meiner Freundin Roxy und den Laden von Birkenstock, wo mich die Inhaberin lieb begrüßte. Zuletzt trafen wir Daddy beim Optiker, wo Tante Sarabeth sich eine neue Brille anfertigen lassen wollte.

Wir hatten gerade erklärt, was meine Tante suchte, als eine Dame mit ihrem Teenager-
enkel hereinkam und sagte, sie hätte uns hier hereingehen gesehen und sie müsste mich unbedingt aus der Nähe betrachten. Ich flirtete mit ihr und zeigte mich mit meiner Kurz-
haarfrisur von der besten Seite. Mami pries mich und beschrieb meine Vorteile als Wheaten Terrier. Die Dame war voller Bewunderung. Inzwischen übersetzte Daddy für Tante Sarabeth und die Optikerin grub ihr allerbestes Englisch aus. Schließlich zog mein neuer Fanclub weiter, nachdem Mami die Webadresse von meinen Züchtern auf die Rückseite meiner Visitenkarte geschrieben hatte; ex-Mami und ex-Daddy hatten nämlich von ihrem letzten Wurf noch einen Welpen übrig. Ihr Name ist Mokka und sie ist gerade 11 Wochen alt.

Zurück also zu der neuen Brille für Tante Sarabeth und Daddy. Da war die Dame plötzlich mit zwei weiteren Personen schon wieder da. Eine war ihre Tochter Petra. Alle waren wieder enthusiastisch. Sie hatten inzwischen die Website auf dem Smartphone des Enkels gefunden. Mami fragte sich, was die Optiker wohl über diese Werbeveranstaltung für Wheatens in ihrem Laden dachten, aber dann entschied sich Petra dazu, auch eine neue Brille zu kaufen, während sie schon mal hier war.

Am nächsten Tag läutete mittags unser Telefon. Es war die Dame, die im Optikerladen auf mich aufmerksam geworden war. Die Familie war sofort zu unseren Züchtern weiter gezogen und hatte sich unsterblich in Mokka verliebt, die später, wenige Tage nach ihrer nächsten Impfung, bei ihnen einzog. Wir werden uns kurz danach treffen und ich werde ihr dann schon beibringen, wie man mit seinen Leuten umspringt, wie man sie für sich gewinnt und wie man sie glücklich und stolz macht. Ich bin ja Spezialistin in PR und Wheatenbotschafterin.

m gleichen Nachmittag fuhren wir zum Rallytraining. Trainerin Ela sagte, dass ich mit meinem neuen Haarschnitt ganz erwachsen aussehe, wie eine 12-jährige mit Stöckelschuhen. Na, da hab ich dann beschlossen, zum Ausgleich meine Linksrunden zu verbessern - und das hat dann auch geklappt. - Ein bisschen jedenfalls.

Samstag war mein großer Tag: fünf Hallen, tausende von Hunden und noch mehr Menschen, und ich sollte mich einem Richter präsentieren. Mami warf mich um 5 Uhr aus meinem Hundebett, wir verließen das Haus um 6 und waren um 7 Uhr ganz vorne in der Warteschlange vor der Messehalle in Bremen. Unsere Halle war noch leer und so konnten wir uns direkt am Ring breit machen (Trimmtisch, Faltkiste, zwei Stühle, diverse Taschen). Und dann fanden wir heraus, dass ich erst gegen 12 Uhr mittags an der Reihe sein würde. Grrrr. Na, wenigstens konnte ich mich bis dahin nach und nach an den Lärm gewöhnen.

Am späten Morgen tauchte dann plötzlich überraschend exMami Evelyn auf. Sie hatte entschieden, dass sie uns Anfänger nicht allein lassen konnte. Mami überredete sie dann, mich im Ring zu führen und ich benahm mich mindestens so gut wie ich es mit Mami getan hätte. Der Richter war ganz begeistert. Ich wurde von ihm in höchsten Tönen gelobt und erhielt eine wunderbare Beurteilung ("Vorzüglich") und dazu Anwartschaften für zwei mögliche Championstitel. Jetzt fangen die Leute an zu überlegen, ob ich nicht doch eine Modelkarriere anfangen sollte.

Evelyn erhielt auch eine rote Karte, die sie an Mami weitergab. Später entdeckte Mami, dass dies die Qualifikation für die Teilnahme an der Konkurrenz der besten Jugendsieger aus allen 27 Terrierrassen im großen Ring war. Aber Evelyn war schon wieder auf dem Weg zurück, weil sie gedacht hatte, dass wir so weit fertig waren. Irene, eine andere Züchterin schickte uns zum großen Ring und sagte, "Ihr schafft das!"

Es dauerte ewig, bis die Terrierrassen aufgerufen wurden - da konnten wir es uns nicht mehr anders überlegen. Mami ging mit mir in den Ring und der Moderator sprach auführlich über die Wheaten, während er die anderen Terrierrassen nur kurz erwähnte. Mami sah, wie der neue Richter uns bereits beobachtete. Er kam auch zu uns und strich über mein Fell, weil mein flaumiges Haar ja auch "Konstruktionsfehler" verbergen konnte. Er sagte, dass er zunächst mal 6 Terrier aussuchen wollte und kam direkt zu uns. Mami musste die Runde der sechs um den Ring anführen, damit mein Gang auch zur Geltung kommen konnte, denn ich war die größte unter den sechs Hunden mit den größten Schritten. Dann kam der Richter direkt auf uns zu, schüttelte Mamis Hand  und sagte, "Glückwunsch". Wir konnten es nicht glauben und Tante Sarabeth auf der Tribüne schien leicht geschockt zu sein. Sie hatte das gleich verstanden, obwohl sie wenig Deutsch versteht.

Die Terrier sind immer Gruppe 3. Wir mussten also vor dem großen Ring warten, bis die Gruppen 4 bis 10 fertig waren, so dass ich anschließend die ganze Jugendterriergruppe bei dem Wettbewerb um den besten Junghund der ganzen Show repräsentieren konnte. Inzwischen war ich seit über 10 Stunden in den Hallen und mein kleines Gehirn war ausgelaugt. Ich war erschöpft und hungrig und musste dringend mal wo hin. Aber wir konnten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nach draußen und mein Geschäft in der Halle zu erledigen kam nicht in Frage. Als wir also in den Ring gerufen wurden, zog ich meinen Kopf aus dem Halsband und weigerte mich zu folgen. Klar, dass dieser letzte Richter nicht besonders von mir angetan und dass damit mein Kampftag beendet war. Trotzdem: Ich bin mit 4 unerwarteten Siegen nach Hause gekommen und werde nun als VIP behandelt. Mami und Tante Sarabeth kauften mir meinen ersten leckeren Ochsenziemer. Auf nach Hamburg!

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