Kapitel 1
(25. Januar 2000):

Darf ich mich vorstellen?


Liebe Familie und liebe Freunde,

mein Name ist Gráinne na Dun n nGall, aber Ihr dürft mich auch einfach Gráinne nennen. Das spricht man aus wie Grahn-je.  Ich bin ein  Irish Soft Coated Wheaten Terrier oder einfach ein Wheaten.

Meine Mami glaubt, dass ich meinen Namen schon kenne, aber Papi ist davon nicht überzeugt. Ich bin zwar erst seit 72 Stunden bei ihnen in Bramstedt, aber ihr Leben habe ich längst auf den Kopf gestellt.

Offensichtlich fehlte Mami  und Papi noch ein Clown zu ihrem Zirkus. Jetzt haben sie mich.

Das nachmittägliche Lehrerkoma, den Mittagsschlaf für Pauker, können sie sich jetzt abschminken, jedenfalls bis sie mir beigebracht  haben, leise zu sein, oder bis ich ihnen beigebracht habe, dass sie schlafen,  wenn ich schlafen will.

Die Nachbarn habe ich auch schon unter Kontrolle  gebracht. Birgit und Andrea haben ihren Tageslauf an meinen angepasst,  so dass sie mich nach draußen lassen und mich füttern können. (Ich mach das  Spielchen mit dem Füttern nur mit, wenn sie dabei das Flugzeugspiel oder "Ein  Happen für Papi..." spielen).

Bald werden sie es auch gemerkt haben,  wann ich mal raus muss (Der ganze Garten ist mein Töpfchen). Immerhin habe ich da bisher nur zwei Mal einen Fehler gemacht, seit ich hierher gekommen bin.

Alles fing so an: Freitag Nachmittag spielte ich gerade nichts ahnend mit meinem Bruder und meinen beiden verbliebenen Schwestern (wo die anderen zwei abgeblieben sind, weiß ich nicht), als sich die Tür öffnete und diese beiden Leute hereinkamen und sich auf unseren Fußboden setzten. Sie rochen wie meine Hundemutter Peggy Sue, die wohl schon so froh war, mich loszuwerden, dass sie die beiden überall abgeleckt hatte.

Ich bin der Dame gleich auf den Schoß gesprungen und hab zur Begrüßung ein bisschen an ihrer Nase herumgeknabbert. Später gelang es mir, auch den Mann näher unter die Lupe zu nehmen, aber das war gar nicht so einfach, denn mein Bruder, der ein richtiger Rambo ist, hopste dauernd über beide weg. Sie drehten ihn immer wieder um und sagten "O, nein, der Rüde schon wieder". Einen Moment lang musste ich befürchten, dass eine meiner Schwestern mit ihrem gewinnenden Lächeln den Mann für sich einnehmen würde, aber dann hörte ich, wie er sagte, "Du möchtest die da, nicht?" Die Frau lächelte und Ex-Mami erzählte, dass ohnehin ich es war, die sie für die beiden ausgesucht hatte. Könnt ihr Euch vorstellen, dass sie mir den offiziellen Namen "Sundance Ricci" gegeben hatte? Naja, "Sundance" ist akzeptabel, weil der Zuchtzwinger im Namen enthalten sein muss, aber was soll ein IRISCHER Weichhaar-Weizenfarben-Terrier mit dem italienischen Namen „Ricci“ anfangen?

Die Menschen verschwanden eine Weile, und plötzlich kam Ex-Mami und legte mich in den Arm der Frau. Die begrüßte mich mit den Worten, „Gráinne, ich bin jetzt deine Mami“. Das nächste, an das ich mich noch erinnere, war, dass ich in ihrem Auto und auf dem Wege nach Hause war. Ich entschloss mich dazu, mich vorerst ordentlich zu benehmen, bis ich sie ein bisschen besser ausgeschnuppert hätte. Ich blieb also ruhig auf ihrem Schoss liegen und entleerte mich auch brav, als sie mich zwischendurch auf das nasse Gras an einem Autobahnparkplatz setzten. In Brinkum setzten sie mich in eine kleine transportable Hundehütte und Mami verschwand in einem anderen Auto. Aber sie blieb damit dicht hinter uns, um sicher zu stellen, dass Papi mich nicht kidnappte.

Als wir in die Lohbergsheide kamen, erzählten sie mir, dass ich hier nun den Rest meines Lebens zubringen sollte. Das wollte ich mir denn doch erst noch mal überlegen. Ich schaute mir erst mal in Ruhe alle Räume in dem Haus an und pinkelte dann auf die bereitgelegten Zeitungen. Ich überlasse es dem geneigten Leser, ob er dies für einen abschätzigen Kommentar oder für mein Einverständnis mit dieser Situation halten will.  Wir spielten ein bisschen und ich aß ein paar Happen, aber vor allem wollte ich mich ankuscheln. Dann  sagte Papi, „Ich bin hundemüde“ und wir gingen alle zu Bett. Ich ließ sie in dieser und in der nächsten Nacht durchschlafen, bis auf einen Abstecher in den Garten um 2 Uhr nachts. Den brauchte ich  eigentlich nicht, ich wollte bloß mal testen, wie weit ich sie reizen darf.

Samstag lernte ich die Nachbarn kennen. (Alle machen meinet-wegen so einen Aufstand!).  Das blöde Heinwehspiel hab ich allerdings nicht gemacht. Schnell hatte ich auch keine Angst mehr  vor meinem Wollknochen mit der Quietsche im Bauch und nagte genüsslich und voll Freude an dem Schafsfuß, wahrscheinlich weil ich selbst so lammfromm bin.

Bis Sonntag hatte ich das Haus unter Kontrolle und wurde sogar richtig mutig. Inzwischen sieht Mami  mit ihrer gepiercten Lippe und den Löchern im Kinn aus, als ob sie eine Prügelei hinter sich hätte. Sagt  bloß nicht, dass ich nicht schnell genug wäre. Sie haben inzwischen alle Schuhe sichergestellt, einen  Film zum Entwickeln gebracht und ein Video angefangen, dass mich zeigt, wie ich mit meinen langen  Beinen im Garten umhertolle.

Ich kann natürlich nicht alles bei ihnen durchgehen lassen. Zum Beispiel winsele ich, wenn sie mich alleine lassen. Ich höre natürlich gleich wieder auf, wenn sie weg sind, aber ich will, dass sie sich schuldig fühlen wegen dieser Vernachlässigung und dass sie weiter diese Babysitter zum Spielen vorbei schicken. Morgen wollen sie ein Babygitter vor die Treppe setzen, damit ich nicht raufklettere, was für meine Gelenke im ersten Jahr nicht gut sein soll. Und ich wachse und wachse - sichtbar!

Meine Leute haben viele Pläne mit mir. Morgen will mich Mami in meiner Transportkiste zur Zeugniskonferenz mit in die Schule nehmen und dann soll ich die Lehrer unterhalten, wenn Mami in die Konferenzen geht. Freitag geht es ab in den KINDERGARTEN! Mit 8 Wochen, na ja, dann 9. Sie sagen alle, dass Welpen den Umgang mit anderen Hunden kennen lernen und Geschicklichkeitstraining machen müssen. Ich habe schlechte Chancen davon zu kommen, weil es hier in Bassum eine beliebte Hundeschule gibt. Mit 6 Monaten soll ich dann aufrücken in die richtige Hundeschule und dort Gehorsam und gutes Benehmen lernen. Na ja, mal sehen, ob ich DAS mit mir machen lasse?

Liebe Grüße! - Gráinne

 

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