Kapitel 6
(30. Mai 2000):
Prinzessin Gráinne
Ihr lieben alle,
Hier ist wieder der Welpe
aus Bramstedt, der aus der Schule geflogen ist. „Ach, das eingebildete
Welpenmädel", hör ich Euch sagen. Aber denkt dran: „When she is good, she
is very very good...", und ich erzähl Euch lieber schnell etwas Schönes,
bevor ich wieder mal in irgendein Fettnäpfchen trete.
Dieses neueste Kapitel
begann am letzten Donnerstag, als Papi früher als üblich nach Hause kam.
"Was macht er denn so früh zu Hause", wunderte ich mich noch,
"und warum kommt er mit dem Kombi (wo der hintere Teil mein
"Laufstall" ist), den sonst Mami fährt?" Dann fuhren wir auch
schon zusammen zu Mamis Schule, und sie kam aus dem Gebäude und sah wie ein
Lastesel aus. Mit all den Taschen voller Hefte konnte ich sie schlecht nach
echter Wheatenart begrüßen. Schulkinder kamen zum Auto und beguckten mich und
ich kam mir vor wie ein Star auf einer Ausstellung. Ich ahnte ja nicht, dass
mir der Anfang meiner Modelkarriere bevorstand. "Pass auf, Claudia Schiffer
- jetzt komm ich!"
Als wir nach Molfsee (bei
Kiel) kamen, sagte Mami, dies sei das Haus, wo ich meine ersten acht Wochen
verbracht hätte. Ich hatte nicht den Schimmer einer Ahnung. Mami sagte, und
dies sei die Dame, die meine Eltern zusammengebracht hätte. Keinen Schimmer !
„Ex-Mami Schinke, erinnerst Du Dich?“ Nein.
Die eben erwähnte Ex-Mami
stellte mich auf einen kleinen Tisch, wie es ihn auch bei Onkel Doktor gibt.
Krieg ich etwa schon wieder eine Spritze? Oder - nein, sag bitte nicht, dass
sie jetzt mit dieser Schere ein Stück aus mir herausschneidet? Hilfe!
Ach nein, sie schnitt mir ja
nur die Haare, aber - da segelten meine schönen schwarzen Locken zu Boden, und
nun war ich ganz blond. Das war gemein! Denkt nur an all die blöden
Blondinenwitze, die ich mir jetzt mit anhören muss! Mami und Papi starrten mich
die ganze Zeit nur an.
Am Sonntag darauf verstand
ich, was die Prozedur sollte. Wir fuhren ja nach Hannover zur Hundeausstellung!
Ich wurde zwar nicht ausgestellt, aber man wollte eben doch ein bisschen mit
mir angeben. Wir warfen uns also alle wieder in das Auto mit dem Laufstall
hinten drin (den Kombi) und - Mannomann - das war's auch wert: 55 Wheaten „auf
einem Haufen“, wie angekündigt, dazu eben so viele Kerry Blues und doppelt so
viele Irish Terriers und 14 Glen of Imaals. Ex-Mami Schinke war auch da und
stellte uns jemandem vor, die sofort mein Maul aufriss (ohne mich zu fragen!)
und nur "Wuuunderbar!!" sagte.
Wir spazierten über
den ganzen Platz und schauten uns die Hunde an, die ausgestellt werden sollten,
wie sie in ihren Käfigen oder auf Tischen saßen und bewacht und getrimmt
wurden. Ich konnte sogar mit meiner Hundemutter Peggy Sue (keinen Schimmer!)
und mit meiner Tante Queen Anne plaudern (Bild rechts).
Ein gut aussehender Rüde
spazierte vorbei und Mami fragte nach seinem Namen. "Charly". Aber im
Programm steht nichts von einem "Charly". "Sein wirklicher Name
ist 'Cheerful Challenger!" - Oh - das war mein Hundepapi!!!! Na, das ist
ein Mann von Statur - und freundlich ist er auch (Bild links)!
Dann zeigte eine
von den Züchterinnen auf mich und sagte, „Das muss einer von Frau Schinkes
Welpen sein, die sind immer so hübsch" Da wurde ich so stolz, dass ich mir
in dem Zelt, wo Mami mir ein neues Lederhalsband (damit meine seidigen Locken
nicht mehr so in Mitleidenschaft gezogen würden) und zwei Scheren mit komischen
Blättern kaufte, unbeobachtet zu einem Knochen verhalf. Mami zwang mich aber,
den Knochen zurückzubringen und mich zu entschuldigen. Papi schimpfte und
meinte, er wollte nicht wegen Ladendiebstahl rausgeworfen werden.
Die Richter waren
beide Iren. Mami lauschte, als der Wheaten- und Imaalrichter etwas über einen
der ausgestellten Wheaten diktierte, "Nacken zu kurz". Sie kam
schnell zurück, um dies Papi zu erzählen. "Gut, dass wir Gráinne nicht
ausstellen wollen; wenn mir jemand erzählen würde, dass ihr Hals zu kurz sei,
dann würde ich ihm eine langen." Hundemami Peggy Sue wurde dritte von 17
Hündinnen. Tante Annie konnte sich nicht platzieren, weil Frau Schinke bis
dahin so müde war, dass sie kaum noch mit ihr laufen konnte. Aber wir hatten
alle einen tollen Tag!
Am nächsten Tag
rief Papi Schinkes an, um zu hören, ob sie bei dem Sturm, der abends über
Norddeutschland gefegt war, gut nach Hause gekommen waren. Frau Schinke
berichtete dabei, dass sie eine ganze Reihe von Komplimenten zu - haltet Euch
fest - MIR gehört hatte. Nun möchte sie gerne, dass meine Leute mich auch
ausstellen und versprach sogar, mich vorher zu trimmen und uns alles
beizubringen, was man dazu wissen müsste. Na ja, sagte Papi. Na ja, sagte Mami.
Jedenfalls steht
jetzt ein kleiner Tisch im Carport und Mami hat angefangen, das Trimmen an mir
zu üben...
Gráinne ist jetzt
eine Prinzessin. Aber Ihr könnt Euch die "Königliche Hoheit" schenken
und braucht mir auch die Pfoten nicht zu küssen, weil Ihr mich ja auch schon
gekannt habt, als ich einfach noch "Gráinne na Dun na nGall" hieß.
Liebe Grüße und ein
Schmatz!
Gráinne