Kapitel 27
(Oktober 2007):

Wie man mich ein- oder ausschaltet


Weißt Du, was mich so richtig in Fahrt bringt? - Meine Napffüller haben’s inzwischen herausgefunden.

Wie man mich einschaltet:

Ich schaute Daddy zu, wie er das Abendessen vorbereitete. Als er damit fertig war, rief er Mami, die vor dem Fernseher gebügelt hatte. Als sie auf die Küchenbank rutschte, fragte sie Daddy, ob er sich an die Fernsehserie „Hogan’s Heroes“ („Ein Käfig voller Helden“) erinnerte, und um es ihr zu beweisen, ahmte Daddy kurz den Lagerkommandanten Klink nach, wie er seinen Feldwebel immer mit scharfer Stimme ruft: „Schulz!“.

Ich schoss senkrecht in die Luft, jagte durch den Flur und das Wohnzimmer und kratzte wie wahnsinnig an der Tür zum Garten, sauste heraus, als sie geöffnet war, und machte eine Prüfrunde, während ich dazu laut bellte, um mögliche Einbrecher in die Flucht zu jagen, vor allem, falls es sich dabei um eine Katze gehandelt haben sollte.

Seither wird mein Einschalthebel sofort umgelegt, wenn jemand irgendeinen Zischlaut benutzt (wie in Hitzzze, Katzzze, Sch…) oder mit scharfer Stimme spricht wie der Kommandant im Lager bei „Hogan’s Heroes“.

Der Ausschalter:

Jahrelang habe ich die motorisierte Gemeinde terrorisiert, indem ich wie wahnsinnig Wheatenwhirls und ohrenbetäubendes Bellen veranstaltet hatte, wenn ich bereits im Auto war und jemand die Tür öffnete, um ein- oder auszusteigen oder wenn das Auto langsamer wurde oder sich seinem Ziel näherte (siehe „GPS“).

Sie haben Hundeexperten konsultiert, die sogar so weit gingen, eine Kiste im Heck zu empfehlen, deren Fenster mit Decken zugehängt werden sollten. Abgesehen davon, dass Mami und Papi dazu hätten in eine Kiste investieren müssen, ohne zu wissen, ob das überhaupt hilft (siehe „GPS“), wollten mir meine Leutchen nicht wirklich die Freude daran verderben, aus dem Auto zu schauen und die Hunde zu grüßen, an denen wir vorbei fuhren.

Sie versuchten, die Situation zu verbessern, indem sie mich für jeden Moment der Ruhe mit Leckerlis belohnten, die sie zu mir nach hinten warfen, von denen aber die meisten ihr Ziel nicht erreichten und auf den Hintersitzen des Wagens landeten. Ergebnis: Ein Rücksitz voller Hundefutter. – Sie kauften eine Wasserpistole. Ergebnis: Ein Rücksitz voller nassem Hundefutter. – Trommelfelle und Nervensicherungssysteme waren immer noch in höchster Gefahr.

Eines „schönen“ Tages rutschte Mami das englische „Sh-Wort“ heraus, das für die Folterzelle im Bad steht (nein, nicht für das, was ihr jetzt geglaubt habt), wo das Wasser aus einem Telefonhörer kommt. Ich klappte meine Kiefer fest zusammen, klemmte meinen Schwanz ein und versuchte mich in einer Ecke zu verstecken (Ja, ja, du hast richtig gelesen: Das ist der gleiche Hund, der selbstständig erkennt, dass er nach einem Spaziergang dreckige Füße hat, freiwillig zur Dusche geht, die Tür mit der Schnauze aufschiebt und hineinhüpft, um auf den Folterakt zu warten).

Die Entdeckung lautet also: drei Wörter können nun benutzt werden, um irgendein unerwünschtes Verhalten zu korrigieren: Shower, Dusche und dirty (dreckig). Das wilde Verhalten hinten im Auto gehört nun der Vergangenheit an. Wenn es so aussieht, als ob ich das vergessen habe, dann genügt ein kurzes „Shower?“, um meinen Schalter auf „Aus“ zu stellen.

GPS:

Dass ich das Navigationssystem „GPS“ in meinem Kopf eingebaut habe, entdeckten sie auf unserer zweiten Fahrt nach Dänemark. Im gleichen Moment, als wir die Autobahn bei Esbjerg verließen und in Richtung Küste abbogen, schoss ich in die Höhe und wirbelte herum – und das die ganze Zeit, bis wir an unserem Ziel angekommen waren. Auch nach zwei bis dreistündigen Spaziergängen am Strand entlang konnte ich ihnen genau zeigen, an welcher Düne wir wieder landeinwärts gehen müssen, um zu unserem gemieteten Ferienhäuschen zu gelangen.

Das ging schon so, als wir damals zu Oma in Bremen-Osterholz fuhren: selbst wenn ich im Auto eingeschlafen war, wusste ich genau, dass ich mich schon auf ihre Kekse freuen konnte, sobald wir in die Straße einbogen, wo sie wohnte.

Als Daddy Mami in diesem Frühjahr einen GPS-Navigator für das Auto schenkte, sagte er: „Den bekommst du für den Fall, dass Gráinne nicht im Auto ist“.

Gedächtnis:
Schon mehrere Jahre waren wir wegen anderer Ferienpläne nicht mehr nach Dänemark gefahren. In diesem Jahr (2007) haben sie sich dazu entschlossen, mir mal wieder die Wahl zu überlassen – und natürlich habe ich mich für die 60km Strand entschieden, wo ich ohne Leine laufen kann.

Gleich am ersten Abend haben wir den 7-Minutenspaziergang durch die Dünen gemacht, von unserem schönen Reth gedeckten Häuschen zum Strand. Ah – ja: Wellen! Dünen! Rennen! Mami warf ein Stöckchen in das flache Wasser (Ich hatte nicht einmal meine Schwimmweste an) – und ich erinnerte mich an den Sport, den ich einige Jahre früher in Dänemark erfunden hatte: Stöckchen-in-die-Dünen-tragen: Ich greife den Stock aus den Wellen - immer ein Auge darauf, dass mir nicht eine größere Welle ins Gesicht schlägt, dann trabe ich über den breiten Strand hoch in die Dünen, während ich immer mal wieder zurück schaue, um sicher zu sein, dass sie das auch sehen.

Dann schätze ich ab, wie hoch die Dünen wohl sind, immer wieder sicher stellend, dass ich noch das Zentrum ihrer Aufmerksamkeit bin, schließlich klettere ich die steile Dünenwestwand hoch und verstecke da oben irgendwo meinen Stock, wobei ich immer mal wieder meinen Kopf zwischen dem Strandhafer auftauchen lasse, damit sie beruhigt sind und nicht hinterher kommen, um mich zu suchen.

Danach – Mission erfüllt – rase ich die Dünenwand wieder herunter und zische über den Strand zurück zu ihnen, um zu ihren Füßen mein Leckerli abzuholen.

Wo wir gerade von Leckerlis sprechen: Daddy hat hier die besten aller Zeiten gefunden: früher hat er mir hier in Dänemark immer Laksbøller (Lachskugeln) gekauft, aber die machen sie nicht mehr. Jetzt hat er „Lachskräcker“ gefunden. Oh-boah, ej, die sind schon alleine einen Trip nach Dänemark wert!

 

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